Bund Deutscher Rechtspfleger in Thüringen
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Thüringer Rechtspflegertag 2022

"Einiges erreicht, noch viel vor uns!"

13. Oktober 2022

Am 13.10.2022 traf sich der BDR Thüringen zum Thüringer Rechtspflegertag 2022.

Einiges erreicht, noch viel vor uns!

Die Vorsitzende Barbara Zwinkau erstattete in der internen Sitzung den Geschäftsbericht über die Arbeit der letzten 4 Jahre, in denen einiges erreicht wurde, insbesondere bei der Einstellung von Anwärterinnen und Anwärtern und bezüglich der Funktionsarbeitszeit, jedoch auch vieles noch nicht umgesetzt werden konnte, nicht nur wegen Corona. Es fanden Gespräche mit dem neuen Justizminister Dirk Adams und der OLG-Präsidentin Astrid Baumann statt. Das Thema Vertrauensarbeitszeit ist noch nicht vom Tisch. „Mit der Funktionszeit ist bereits einiges mehr möglich. Im ThOLG ist sogar inzwischen die Kernarbeitszeit aufgehoben, woanders jedoch nicht. Wir warten für weitere Gespräche anstehende personelle Veränderungen im ThOLG ab. Das Thema wird - ebenso wie die Forderung nach Präsidien, nach Aufgabenübertragungen, der Einheitsbesoldung und nach dem Statusamt - nicht aufgegeben.“, so Barbara Zwinkau. 
Bei den Personalratswahlen 2022 hat der BDR Thüringen im Bereich der Beamtinnen und Beamten sehr gut abgeschnitten. Wir haben je drei Vertreter im HRP und BRP ThOLG. In beiden Gremien stellen wir den ersten Stellvertreter, ebenso in der ARGE HPR.
Im Juli 2022 gab es eine große Veränderung auf medialer Ebene. Der BDR Thüringen hat durch gemeinsame intensive Arbeit von Max Bretzmann, Christopher Jäger und Barbara Zwinkau mit dem dbb-Verlag in kurzer Zeit eine neue, modernere Internetseite erstellt, die sich in das Layout des BDR-Bund integriert. 
Die Zusammenarbeit mit dem BDR-Bund und den anderen Landesverbänden ist weiterhin gewinnbringend, der 35. Bundesrechtspflegertag im September in Berlin zeigte dies eindrücklich, z. B. in der Form, dass der Thüringer Landesverband an der Gestaltung des neuen Flyers für den Beruf des Rechtspflegers mitgewirkt hat. Die Flyer stehen uns nun zur Verfügung und sollten „gern auf Berufsmessen mitgenommen werden“, so Zwinkau. 
Marie-Luise Voigt vertritt die Jugend des BDR im dbb und tbb. Sie war in den letzten Jahren sehr aktiv um unseren Nachwuchs bemüht und ist inzwischen die Vorsitzende des neu gegründeten Jugendpräsidiums des BDR Bund. Sie engagiert sich besonders für die Nachwuchsgewinnung. 
Aktuelle Projekte: Erstellung von Flyern zur Mitgliedergewinnung und Bestückung von Erstlings-Tüten. Neues Werbematerial für Thüringen haben wir auch designt. Die teilnehmenden Mitglieder erhielten zu ihrer Freude z. B. eine blaue Tasse mit dem kessen Spruch: „In meinem Büro bin ich der BGH“, der unsere Unabhängigkeit mit einem Augenzwinkern unterstreichen sollte.

Christopher Jäger, im Januar 2022 als neuer Kassierer kooptiert, erhielt Anfang Oktober die Kassengeschäfte endgültig übertragen und trug nach kurzer Einarbeitungszeit den Kassenbericht vor. Die Kassenprüfer waren damit zufrieden. Dem Landesvorstand wurde für die Arbeit in den vergangenen Jahren Entlastung erteilt. Verabschiedet hat sich der BDR Thüringen von vier Vorstandsmitgliedern: Stephanie Messing, Claudia Friese, Olivia Teege und Udo Ernst, die nicht mehr zur Wahl antraten. „Unsere Verbandsarbeit ist Freizeitbeschäftigung, sie benötigt viel zusätzliche Kraft. Ich danke auch allen, die nicht mehr antreten für die vergangen Jahre unserer gemeinsamen Arbeit. Wir haben etwas bewegt, auch wenn es immer zu wenig erscheint. Es ist notwendig, dass wir uns rühren. Wenn wir uns nicht kümmern, tut es keiner für die Rechtspfleger.“ So bedankte sich Barbara Zwinkau für die langjährige gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. 
 

Wie geht es weiter im Landesvorstand?

In der Mitgliederversammlung wurde geklärt, welche inhaltlichen Schwerpunkte die zukünftige Arbeit des Landesvorstandes bestimmen sollen und wer bereit ist diese Arbeit zu übernehmen.  Die bisherige Vorsitzende erklärte sich zur erneuten Kandidatur bereit und bedankte sich für das bisher entgegengebrachte Vertrauen.  Sie wolle sich mit dem neu gewählten Vorstand unter anderem für eine auskömmliche Einstellung von Anwärtern mit einem gewissen Plus – als Reserve, für die Ausschöpfung von Beförderungsstellen, für Stellenhebungen, für die Vertrauensarbeitszeit und für weitere Aufgabenübertragungen von Richtern auf die Rechtspfleger und auch von Rechtspflegern an den mittleren Dienst - einsetzen. Ferner möchte sie weiter für eine Einheitsbesoldung und das Rechtspflegerstatusamt kämpfen. Es fand eine Verständigung statt, dass sich der BDR Thüringen, wie in anderen Bundesländern auch, für die Anschaffung von Roben für Rechtspfleger,  z.B. für Verhandlungen in ZVG und Inso, einsetzen möge. Hierfür erhielt sie von den anwesenden Mitgliedern viel Zustimmung. Sie wurde einstimmig als Landesvorstandsvorsitzende für weitere vier Jahre im Amt bestätigt. 
Es wurde beschlossen, dass dem Landesvorstand des BDR Thüringen in Zukunft wieder sieben weitere Mitglieder angehören. Zur Wahl traten die bisherige inoffizielle stellvertretende Landesvorsitzende Marie-Luise Voigt, der kooptierte Kassierer Christopher Jäger, das langjährige Vorstandsmitglied Birgit Kirchner sowie Max Bretzmann, Lisa Machill, Daniela Müller-Erbe und Patricia Neumann an. Alle Kandidatinnen und Kandidaten wurden nach kurzer Vorstellung zu ihrer Person und ihren Zielen einstimmig in den neuen Landesvorstand gewählt. 
Damit hat sich der Vorstand des BDR Thüringen durch eine deutliche Verjüngung gut für die Zukunft und die Vorhaben aufgestellt. Wir wünschen dem neugewählten Vorstand eine erfolgreiche Arbeit.
 

Der öffentliche Teil der Veranstaltung – geöffnet für weitere interessierte Rechtspfleger – schloss sich an. 

„Wir wollen raus aus dem Erschöpfungssyndrom.“

Wir haben uns sehr gefreut, dass Herr Sebastian von Ammon, Staatssekretär im TMMJV, ein Grußwort für das Ministerium hielt. Er nahm Bezug auf die derzeit anhaltende Krisenlage. Erst Corona und nun die Energiekrise; zwei Aspekte, die auch die Thüringer Justiz enorm belasten würden. Er sprach zur Umsetzung der Vorgaben der Bundesregierung zum Energiesparen in Abstimmung mit dem Hauptpersonalrat. Die elektronische Akte stelle eine besondere Herausforderung in den kommenden Jahren dar.  Man sei in den letzten Jahren doch vorangekommen und habe zum Teil verlorene Zeit wieder aufgeholt. Dabei betonte Herr von Ammon, dass sich Thüringen inzwischen im Mittelfeld der Bundesländer befände. 

Er bedankte sich bei den Rechtspflegern für die geleistete Arbeit und wiederholte seine Einschätzung, dass die Rechtspfleger nicht nur die zweite Säule der dritten Gewalt seien, sondern die Säule der dritten Gewalt. Erfreulich sei für Thüringen, dass erstmals eine Anzahl von 34 neuen Rechtspflegeranwärterinnen und -anwärtern für Thüringen ernannt werden konnten. An diesen Zahlen möchte man sich auch für das kommende Jahr orientieren.

Hieran knüpfte die Präsidentin des Thüringer Oberlandesgerichts, Frau Astrid Baumann, nahtlos an und sagte dabei: „Wir wollen raus aus dem Erschöpfungssyndrom.“ Ein Satz, dem wohl keiner widersprechen kann. Die Anwärterzahlen stiegen in den letzten Jahren kontinuierlich, jedoch sei der Personalbedarf derzeit höher (430,05) als der Personalbestand (422,93) und die Personalverwendung liegt dabei bei 365,93. In diesem Jahr sind 13 Stellen im Rechtspflegerbereich von einer Beförderung betroffen. Leider kann aufgrund des Klageverfahrens keine Ausschreibung für A 11 erfolgen. Das OLG sei derzeit bemüht, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger für die Aus- und Fortbildung und die dezentralen Schulungsteams zu gewinnen. Hinsichtlich der mobilen Arbeit bestehen weiterhin Probleme in der Ausstattung, insbesondere nun wegen Lieferschwierigkeiten. Es könne deshalb nur ein Anteil der Kolleginnen und Kollegen davon profitieren. Zudem seien bestimmte Arbeitsabläufe für die mobile Arbeit nicht geeignet. 
In den Amtsgerichten soll 2023 mit der Einführung der elektronischen Akten begonnen werden. Deshalb ist beabsichtigte, dass Frau Baumann und Herr Rahn bzw. Herr Kotzur noch bis Ende des Jahres jedes Amtsgericht besuchen. Die Amtsgerichte Stadtroda, Mühlhausen, Bad Salzungen und Erfurt starten als erste Pilotgerichte im März 2023 in Zivilsachen mit der elektronischen Akte. Bis Ende 2024 sollen alle Amtsgerichte mit der E-Akte im Zivil- und FamGG-Bereich ausgestattet sein. 
Im Jahr 2025 soll der Strafbereich die elektronische Akte bekommen. Fachgerichte werden bereits Ende 2023 mit der elektronischen Akte arbeiten können. 

Erfurt ist Austragungsort des nächsten Bundesrechtspflegertages 2026

Im Anschluss hielt die stellvertretende Vorsitzende und Geschäftsführerin des BDR-Bund, Frau Christine Hofstetter, ein Grußwort. Sie nahm Bezug auf ein Zitat der ehemaligen Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, die sinngemäß sagte: „Hätte man vor 100 Jahren einen Justizbeamten eingefroren und ihn heute erweckt, wäre er wohl arbeitsfähig.“ Dies dürfte in Zukunft nicht mehr stimmen, denn das Papier wird aus den Amtsstuben der Justiz verschwinden. Computertechnik wird unsere Arbeitswelt absolut bestimmen. Hofstetter betonte dabei: „Im Mittelpunkt jeden Wandels steht allerdings immer der Mensch: Ganz wichtig ist, dass Entscheidungen auch im Zeitalter der Digitalisierung immer durch Menschen getroffen werden müssen. KI kann die Arbeit nicht abnehmen. Wir dürfen uns in der Justiz nicht vor der Digitalisierung verschließen, aber auch nicht abgehängt werden. Die digitalen Hilfsmittel sollen unsere Arbeit erleichtern.“ Des Weiteren mahnte Hofstetter, dass immer mehr Aufgaben bei gleichbleibenden Personalzahlen längere Verfahrenszeiten als Folge hätten. Im Jahr 2030 werden 800.000 Fachkräfte im öffentlichen Dienst fehlen, davon 40 Prozent Akademiker. Um das zu verhindern, sind ein starker Staat und starke Strukturen im Staat ebenso notwendig wie gut ausgebildetes Personal, welches ausreichend versorgt wird. Der BDR fordert daher ein einheitliches Besoldungsamt. Beim Bundesrechtspflegertag 2022 in Berlin wurde eine Orientierung mindestens am Besoldungsamt A12 beschlossen. 

Zum Schluss verkündete die stellvertretende Bundesvorsitzende noch die Neuigkeit, die den einen oder anderen überrascht haben dürfte: „Der nächste Rechtspflergertag auf Bundesebene findet 2026 in Erfurt statt.“ Sie hat sich gleichzeitig beim Thüringer Landesverband für die Bereitschaft zur Austragung bedankt und zum Ausdruck gebracht, dass die Delegierten des gerade zu Ende gegangenen Bundesrechtspflegertages sich auf Erfurt freuen. 

 

Anschließend ergriff der stellvertretende Vorsitzende des tbb, Andreas Schiene, das Wort im Namen des tbb. Er forderte ebenfalls eine bessere Besoldung/Bezahlung für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Dies sei auch aufgrund der derzeitigen Preissteigerungen notwendig. Das Gesetz zur amtsangemessenen Alimentation war nicht die passende Antwort des Gesetzgebers, die dringend erforderlich sei. Ferner mahnte er: „Mobiles Arbeiten schön und gut, dies bedeutet aber auch eine Kostenverlagerung auf den privaten Bereich, seien es Strom oder Heizkosten.“

Im Anschluss folgten zwei Fortbildungsbeiträge.

Elektronischer Rechtsverkehr ab 2026 – Wie weit ist Thüringen wirklich?

JOAR Bernd Rahn, Leiter der ITeGS beim ThOLG, hielt seinen Vortrag  zum Thema „Elektronischer Rechtsverkehr ab 2026 – Wie weit ist Thüringen wirklich?“ 
Er gab einen Einblick in die Strukturen der „ITeGS“, deren Aufgaben im Zusammenhang mit der Einführung der E-Akte, zu den Zeitplänen, den Abläufen und der entsprechenden Arbeitsumgebung für die Rechtspfleger. Er versuchte damit auch, den Teilnehmenden die Angst vor der elektronischen Akte und den zu erwartenden Neuerungen zu nehmen. Schulungen und Transparenz werden wichtige Begleiter sein müssen.
Nach einer kurzen Mittagspause und einer leckeren Stärkung gab uns Herr Dr. Jörg Kraemer, Richter am Amtsgericht und tätig am Ministerium der Justiz in NRW,  einen Aus- und Überblick auf die bevorstehende Reform des Betreuungs- und Vormundschaftsrechts ab 01.01.2023. Das war für alle Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sehr interessant und lud zur Diskussion mit dem Referenten ein. Dieser wies zu Beginn darauf hin, dass innerhalb der Justiz die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger von der größten Reform des Betreuungsrechts seit seiner Einführung am intensivsten betroffen sein werden.
Er stellte den Teilnehmern ein ansprechendes Skript zur intensiveren Beschäftigung mit der neuen Materie zur Verfügung, das als gute Grundlage zur Einarbeitung dienen kann.

 

Geschrieben von: Barbara Zwinkau und Max Bretzmann  
 

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