Bund Deutscher Rechtspfleger in Thüringen
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Der BDR Thüringen zu Gast im TMMJV

31. Oktober 2023

Gemeinsames Gespräch des Vorstandes des BDR Thüringen mit Frau Justizministerin Doreen Denstädt, am 5. Oktober 2023 im TMMJV

Für das Ministerium nahmen weiter Herr MDgt. Martin Engers (Zentralabteilungs-leiter) und Herr ORR Raimund Benner (Referatsleiter 12, Gerichtsorganisation) teil. Der BDR Thüringen war mit sechs von acht Mitgliedern des Vorstandes vertreten, darunter unsere Vorsitzende Frau Barbara Zwinkau.

Es war unser erstes Aufeinandertreffen. Frau Ministerin führt seit 01.02.2023 das Justizministerium und unser Vorstand wurde am 13. Oktober 2022 neu gewählt. 

Die Gesprächsinhalte, die wir u.a. im Auftrag unseres letzten Rechtspflegertages zum Gegenstand gemacht haben, waren vielschichtig. Es waren Themen, die unseren Verband und alle Thüringer Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger aktuell bewegen: Nachwuchsgewinnung, angemessene Wertschätzung und die Attraktivität unseres Berufes, Aufgabenübertragungen, Unterstützung bei Fortbildungen usw.

Mindestens A10 für jeden Rechtspfleger

Dabei ging es vor allem um unsere Forderung, das Eingangsamt für Rechtspfleger mindestens auf A10 anzuheben.  Diese Forderung resultiert aus den Inhalten und der Verantwortung unserer Tätigkeit sowie dem Wettbewerb um die besten Köpfe, vor allem bei der Nachwuchsgewinnung. Sie wird noch dringender, seitdem die Umsetzung der Urteile des BAG zur Eingruppierung der Justizangestellten in E 9 bzw. E 9 a TV-L in Thüringen unmittelbar bevorsteht.  Baden-Württemberg hat bereits alle Laufbahnen um eine Stufe angehoben!

In der Konsequenz und abhängig von unserem Berufsbild gehen unsere Forderung jedoch deutlich weiter. Wir fordern seit Jahren eine Einheitslaufbahn für Rechtspfleger – analog der Richterlaufbahn – und sehen uns hier mit den Rechtspflegern bundesweit einig. Damit ginge es nicht nur um die Anhebung des Eingangsamtes, sondern eine Einheitslaufbahn, die sich in der Bewertung zwischen A13 bis A14 bewegt. Das korrespondiert gleichzeitig mit der bundeseinheitlichen Forderung nach Einführung eines Statusamtes für Rechtspfleger und dessen Verankerung im GVG bzw. im Grundgesetz.

Frau Ministerin hatte ein gewisses Verständnis für unser Forderung, würde aber lieber das Beamtenrecht insgesamt reformieren wollen, durch die Schaffung einer Art Einheitslaufbahn und die Abschaffung von Beförderungen. Es könnte ein einheitliches Amt im dienst- und besoldungsrechtlichen Sinne bedeuten, auf besondere Aufgaben müsste man sich im Wege von Ausschreibungen bewerben. Während der Ausübung der Sonderfunktion, würde man eine Zulage, z. B. in Höhe des Ausgleichs der Stellenbewertung zu seiner bereits erreichten Besoldungshöhe erhalten.

Wir können das Anliegen der Ministerin zur Einheitslaufbahn nur unterstützen. Bei der nächsten Justizministerkonferenz im Frühjahr 2024 möchte sie ihre Ideen vorstellen. Reaktionen bleiben abzuwarten. Eine derartige Entwicklung für das Beamtenrecht insgesamt ist fraglich. Jedoch sind unsere Rechtspflegeraufgaben bereits heute für eine Einheitslaufbahn bestens geeignet. Egal ob wir ein Besoldungsamt A9 oder A13 innehaben, wir haben den gleichen fachlichen Arbeitsinhalt. Das eigentliche Ziel der Beförderung, Verleihung eines neuen Amtes mit neuen Aufgaben, passt nicht wirklich zu unserem Berufsbild.  Deshalb fordern wir als BDR für Rechtspfleger bundesweit seit Jahren die Schaffung einer Einheitslaufbahn.

Attraktivität unseres Berufes und Nachwuchsgewinnung

Solange es für Rechtspfleger keine Einheitslaufbahn gibt, erwarten wir, dass vorhandene Beförderungsstellen ausgeschöpft werden und Stellenhebungen. Beides ist zur Attraktivitätsverbesserung zwingend notwendig. In vielen anderen Bundesländern, nicht nur in Bayern und Hessen, ist man deutlich weiter. Unsere Finanzministerin hat derzeit leider nur das eigene Ressort im Blick.

Zur Steigerung der Attraktivität unseres Berufes in Thüringen würde außerdem die „Wiedereinführung“ der Ausbildung zur Amtsanwältin/zum Amtsanwalt beitragen. Thüringen bildet, trotz regelmäßig wiederholter Forderungen, seit sehr vielen Jahren keine Amtsanwälte aus und verwehrt damit Rechtspflegern die einzige Möglichkeit A12 als Eingangsamt zu erhalten, wie es z.B. für Lehrer ganz normal ist.

Frau Ministerin führte aus, dass sicher nicht nur die Besoldung, sondern auch die Work-Life-Balance für die Nachwuchsgewinnung wichtig sei. Aber hier stecken wir noch in den Startlöchern. Homeoffice ist in den Anfängen und ohne Stellenmehrungen ist die steigende Arbeitsbelastung, auch im Zusammenhang mit der eAkte, schwer zu stemmen. Der hohe Krankenstand, der maßgeblich Einfluss auf die tatsächliche Personalverwendung hat, ist nicht nur bei Rechtspflegern bedenklich. Rechtspfleger, die wir nicht selbst ausbilden, gibt es für uns auf dem Arbeitsmarkt nicht!

Hinzu kommt: Der Beruf des Rechtspflegers ist kaum bekannt, ebenso andere Justizberufe (außer Richter und Staatsanwälte). Das ist bei der Nachwuchsgewinnung ein Problem. Um die Berufe bekannter zu machen, darf man in der öffentlichen Kommunikation nicht nur von „Folgepersonal“ sprechen. Die Justiz muss außerdem mehr in die Schulen gehen und auch dort werben. Alternativ ist den Schulen anzubieten, ins Gericht zu kommen, um Gerichtsverhandlungen zu besuchen, die Berufe live kennenzulernen und Fragen stellen zu können. Das vor allem auch vor dem Hintergrund, dass Thüringen bei den entsprechenden Unterrichtsfächern Stunden einsparen will. Jeder Mitarbeiter könne da über seine Behörde etwas tun, so Denstädt.

Die Öffentlichkeitsarbeit für die Justiz muss insgesamt verbessert werden. Der BDR hat vorgeschlagen, Veranstaltungen wie Tage der offenen Tür in Justizzentren, Gerichten und Staatsanwaltschaften wieder aufleben zu lassen. Vor allem die „Nacht des Rechts“ in Gera kann dabei als gutes Vorbild dienen. Die Arbeit der Justiz wurde dort anschaulich vorgestellt, alle Berufsgruppen waren vertreten, inklusive der Justizvollzug. Es wurden Schauverhandlungen und echte Versteigerungen von Gerichtsvollziehern durchgeführt. Die Berufe wurden auch durch die Berufsverbände, wie dem BDR, repräsentiert. Das Ministerium ist damit einig und bedauerte, dass es in Gera so nicht mehr stattfinden wird.

Die Ministerin schlug vor, nach Alternativen zu suchen. Grundsätzlich würden solche Projekte unterstützt, aber es kommt hier besonders auf die Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen vor Ort an. Es sind zusätzliche Aufgaben, die viel Engagement erfordern und gewollt sein müssen. Möglichkeiten, das Schulpraktikum in der Justiz zu absolvieren, sollten ebenfalls erweitert und mehr beworben werden. Das Ministerium hat seit Kurzem eine eigene Stelle geschaffen und eine Richterin mit der Aufgabe betraut, sich um die Außendarstellung der Thüringer Justiz besonders zu kümmern. Vorschläge, Anregungen, Ideen sind dort sehr willkommen.

Der BDR Thüringen merkte an, dass die Justiz noch sehr konservativ wirke. Sogar Corona hat nicht dafür gesorgt, dass bei uns mobiles Arbeiten schnell und umfangreich ermöglicht wurde. Inzwischen gibt es zwar eine Dienstvereinbarung zur mobilen Arbeit, deren Möglichkeiten sind jedoch beschränkt und selbst die vorhandenen werden noch nicht ausgeschöpft. Die darin vereinbarte Höchstzahl mobiler Arbeitstage wird selten bewilligt. Verwaltungen sind noch skeptisch und teilweise fehle es auch noch an der technischen Ausstattung, so die Vorsitzende des BDR Thüringen, Barbara Zwinkau.

Umsetzung des „Buschmann-Paketes“ und Weiteres

Im Folgenden verständigten wir uns über das sogenannte „Buschmann-Paket“, eine Anfrage des BMJ an die Landesjustizverwaltungen zu weiteren Aufgabenübertragungen: Teile der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher zu übertragen, Rechtspflegern das Insolvenzverfahren insgesamt zu übertragen und die Abschaffung der Öffnungsklauseln zu den bereits im Rechtspflegergesetz ermöglichten Aufgabenübertragungen. In Thüringen sind Übertragungen im Nachlass- und Betreuungsrecht noch offen. Der BDR Thüringen zeigte sich dem Vorhaben gegenüber aufgeschlossen, auch wenn damit weiterer Fortbildungsbedarf einhergeht.

Das Ministerium machte seinerseits deutlich, dass z. B. die Übertragung auf die Gerichtsvollzieher nicht gewollt ist, weil sie dafür nicht ausgebildet sind und Zuständigkeitsbrüche entstünden. Die Rechtspfleger haben diese Aufgaben im Griff. Die Vollübertragung von Testamentssachen im Nachlass auf Rechtspfleger könne man sich eher vorstellen. In der Mehrzahl der Fälle bereiten bereits heute Rechtspfleger den Richtern die Entscheidungen vor und unsere Ausbildung deckt das ab. Die Vollübertragung in der Insolvenz ginge grundsätzlich auch. Hier werde jedoch - ähnlich dem Betreuungsrecht - kein Grund gesehen, warum dies geändert werden soll. Zum einen wäre wegen der Korruptionsgefahr eine Aufgabentrennung zwischen Richter und Rechtspfleger gut, zum anderen steht die gegenwärtige Personalsituation bei den Rechtspflegern dagegen. Das Argument der Personalsituation können wir gegenwärtig nachvollziehen, jedoch kann und muss man das ändern. Die gute Ausstattung der Richterstellen, die wegen der bevorstehenden Pensionierungswelle der Babyboomer gefördert wird und noch besteht, wird nicht so bleiben. Den Rechtspflegermehrbedarf muss man daher rechtzeitig - d.h. mindestens vier Jahre vorher - planen.

Der BDR-Thüringen erläuterte, dass wir, gestärkt durch einen entsprechenden Beschluss unseres letzten Rechtspflegertages, die Einführung der Robe für Rechtspfleger in ZVG und Inso in Thüringen anstreben und zumindest pilotieren wollen. Dem steht das Ministerium zunächst offen gegenüber. Dazu sollen wir unsere Vorstellungen konkretisieren und über Erfahrungen anderer Bundesländer berichten.

Unterstützung bei Fortbildungen des BDR

Weiterhin baten wir das TMMJV uns in unserem Fortbildungsstreben künftig mehr zu unterstützen. Dabei haben wir eigene und vom BDR Bund initiierte Veranstaltungen, wie z.B. Bad Boll im Blick. In anderen Bundesländern wird die Teilnahme durch Ministerien oder das OLG durch Kostenübernahme für z. B. 10 Teilnehmer (u. a. Hessen) oder die Aufnahme in Landesfortbildungsprogramm (Sachsen-Anhalt) unterstützt. In unserem Interesse ist es, diese Unterstützung nicht nur für Mitglieder, sondern für alle Thüringer Rechtspfleger zu ermöglichen. Diese Veranstaltungen beschäftigen sich mit aktuellen Gesetzesvorhaben und –initiativen, mit der Fortentwicklung des Berufsbildes, des Rechts und machen uns für den Job fit. Hier wurde seitens des Ministeriums eine Prüfung in Erwägung gezogen.

Wir werden unsere Anliegen weiterverfolgen, im Gespräch bleiben und dem TMMJV erforderliche Unterlagen zuarbeiten, die unsere Vorhaben untermauern.

Geschrieben v. Max Bretzmann, Christopher Jäger und Barbara Zwinkau

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